April 12

Wie du den inneren Kritiker konstruktiv für das Schreiben nutzt

Der innere Kritiker oder die innere Kritikerin ist eine innere Stimme, die meist gefühlt irgendwo im Hinterkopf, auf der Schulter oder im Nacken sitzt. Diese Stimme wird vor allem dann aktiv, wenn wir etwas tun, was uns wichtig ist. Wenn wir etwas Kreatives tun. Wenn wir etwas tun, was uns fordert.

Diese Stimme heißt nicht zufälligerweise innerer Kritiker. Sie kritisiert, was wir tun und wie wir es tun. Und diese Stimme kann richtig heftig werden und uns im Extremfall beschimpfen, beleidigen, zur Schnecke machen.

Der innere Kritiker löst Blockaden aus

Viele Schreibende kennen das: Du schreibst an einer Szene für deinen Roman. Oder du schreibst an einem Kapitel für dein neues Buch. Und ganz unvermittelt ist da eine nörgelnde, eine kritisierende oder auch eine herablassende Stimme im Kopf.

Wahrscheinlich kommen dann Sätze oder Gedanken wie:

  • „Das kannst du doch so nicht schreiben. Das versteht doch kein Mensch.“
  • „Kannst du dich nicht klar ausdrücken?“
  • „Das will doch kein Mensch lesen.“
  • „Das ist doch langweilig ohne Ende. ...“

So etwas macht einen schnell unsicher. Und dann fängst du an, den ersten Satz umzuformulieren. Aber die innere Stimme meckert schon wieder: „So kannst du das doch nicht schreiben.“

Du löschst den Satz und fängst von vorne an. Aber auch das passt der inneren Stimme nicht, die das vielleicht so kommentiert: „Lass es doch einfach. Du konntest schon in der Schule nicht schreiben.“

Mit dem Ergebnis, dass du erst einmal aufstehst, dir etwas zu Trinken holst, es noch einmal probierst und dann doch aufgibst.

Innerer Kritiker beim Schreiben

Wieso macht der innere Kritiker das?

Die Romanautor*innen unter uns wissen, dass kein Schurke, kein Bad Guy, einfach nur böse oder niederträchtig ist. Auch Schurken haben positive Seiten.

Und das gilt auch für den inneren Kritiker.

Im Grunde sogar noch viel mehr als für den Schurken in einem Roman. Denn der innere Kritiker ist im Grund auf deiner Seite. Er will dich, so plump das vielleicht klingt, er will dich einfach nur beschützen.

Er tut es aber auf eine Art und Weise, die nicht wirklich hilfreich ist.

Die Aufgabe des inneren Kritikers im inneren Team ist eine positive: Er fühlt sich für deinen Schutz verantwortlich und will dich vor unangenehmen Situationen bewahren.

Er versucht, dich zu schützen

  • vor Kritik, vor Angriffen,
  • vor Abwertung
  • und vor Ablehnung.

Daher setzt er alles daran, dich dazu zu bringen,

  • alles perfekt zu machen (damit du nicht für Fehler kritisiert wirst).
  • das Risiko zu minimieren, dass du abgelehnt wirst.
  • die Regeln zu beachten und dich so zu verhalten, wie die anderen dich haben wollen. Damit du von den anderen geliebt oder gemocht wirst.

Der innere Kritiker ist ein Irrläufer

Der innere Kritiker hat also positive Absichten für dich, aber er verhält sich auf eine Art und Weise, die du wahrscheinlich nicht als positiv empfindest.

Aus der Perspektive des inneren Kritikers sieht das aber ganz anders aus: Wenn du das Buch, die Geschichte, den Blogartikel oder was auch immer du schreibst, nicht veröffentlichst,

  • dann gibt es auch keine Kritik von Lesern,
  • dann blamierst du dich nicht - jedenfalls nicht aus Sicht des Kritikers.

So absurd es also klingt: Wenn dich der innere Kritiker daran hindert, dein Werk fertigzustellen, dann hat er seine Absicht erreicht.

Aus deiner Perspektive sieht das allerdings anders aus:

  • Die Geschichte, die du erzählen willst, wird nicht fertig. Das Buch, mit dem du dich als Expertin zeigen willst, wird nicht fertig.
  • Du bist frustriert und zweifelst an dir und an deinen Fähigkeiten.

Aus deiner Sicht verhält sich der innere Kritiker also höchst destruktiv.

Innerer Kritiker beim Schreiben

Der innere Kritiker als konstruktiver Anteil beim Schreiben

Dabei bringt er eine Fähigkeit mit, die du beim Schreiben gut brauchen kannst.

Er ist nämlich in einem extrem gut: Er findet Fehler, er findet Schwachstellen. Ihm fällt auf, wenn es logische Lücken gibt oder Widersprüche. Wenn das Tempo in einer Szene nicht stimmt, wenn du eine Figur etwas tun lässt, was sie nie tun würde. Oder wenn du in einem Sachbuch steile Thesen aufstellst, ohne sie belegen zu können. Und vieles mehr.

Der innere Kritiker ist also ideal für das Überarbeiten geeignet.

(Gute) Schreibratgeber empfehlen ja, zwei Phasen im Schreibprozess klar zu trennen:

  • das Schreiben der Rohfassung oder des ersten Entwurfs
  • und das Ãœberarbeiten.

Das Schreiben der Rohfassung ist ein schöpferischer Akt. Das braucht Fantasie, Vorstellungskraft, und es braucht Schwung. Alles, was den Schreibfluss unterbricht oder bremst, ist da hinderlich.

Das Überarbeiten ist ein analytischer Prozess. Der braucht einen klaren, kritischen Blick. Und dafür ist der innere Kritiker wie geschaffen. Der ist in seinem Element, wenn du ihm Futter gibst und ihm einen Rotstift in die Hand drückst.

Das Paradoxe daran ist: Der innere Kritiker kann seine Fähigkeiten erst dann richtig ausspielen, wenn er Futter bekommt. Wenn du also eine Rohfassung geschrieben hast.

Das heißt, wenn der Kritiker dich so sehr behindert, dass du ihm kein Futter liefern kannst, dann kann er auch nicht zeigen, was er wirklich kann.

Innerer Kritiker beim Schreiben

Wie kann ich den Kritiker konstruktiv nutzen?

Und genau an diesem Punkt kannst du den inneren Kritiker packen.

Wie das geht, habe ich exemplarisch in diesem Beitrag vorgeführt (im Abschnitt „Wie du die positive Absicht des inneren Kritikers herausfindest“).

Das funktioniert allerdings erst dann so richtig, wenn es dir gelingt, aus dem Kampf mit dem inneren Kritiker auszusteigen - oder umgekehrt, bei einem heftigen Kritiker, wenn es dir gelingt, überhaupt erst einmal zu Wort zu kommen. Dazu sind nach meiner Erfahrung oft erst einmal einige Zwischenschritte nötig, damit es zu einer Annäherung kommt, die ein konstruktives Miteinander möglich macht.

Das geht gut in einem individuellen Coaching oder aber in dem Onlinekurs „Den inneren Kritiker zum Verbündeten machen“, einem Mix aus Workshop und Einzelcoachings.

Wenn du mehr darüber wissen willst, melde dich zum kostenlosen Webinar am 20. April, 18 Uhr, an. 

Das Titelfoto stammt von iStock. Die Fotos im Text stammen von Adi Goldstein (via Unsplash), Anne Karakash (via Pixabay) bzw. Depositphotos.




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