September 13

Was hat der Wert eines Menschen mit einem Geldschein zu tun?

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Vielleicht kennst du ja die Geschichte über Selbstwert und den Geldschein, der zerknüllt und auf dem herumgetrampelt wird. Mich macht die Geschichte sauer, jedes Mal, wenn ich sie höre.

Aber erst einmal die Geschichte:

Ein Professor zieht in der Vorlesung einen 50-Euro-Schein aus seiner Tasche, hält ihn hoch und fragt, wer ihn haben will. Natürlich gehen alle Hände hoch.

Dann zerknüllt er ihn und fragt wieder. Erneut melden sich alle im Saal.

Anschließend wirft er den zerknüllten Schein zu Boden, tritt drauf und fragt wieder. Und natürlich wollen alle immer noch den Schein.

Der Professor hebt ihn auf und sagt dann (ich stelle mir vor: mit salbungsvoller Stimme): „Der Geldschein ist nun nicht mehr neu, er ist zerknüllt und sogar schmutzig. Und dennoch hat er weiterhin seinen Wert, er ist immer noch 50 Euro wert.

Genauso ist es mit dem Selbstwert. Egal, was uns widerfährt, egal, ob andere uns beleidigen, uns beschimpfen, auf uns herumtrampeln oder uns durch den Dreck ziehen: Das schmälert nicht unseren Wert. Wir sind immer gleich wertvoll, ganz gleich, was andere mit uns machen.“

Was mich an der Geschichte stört?

Ich finde die Geschichte und die Botschaft, die sie transportieren will, auf mehreren Ebenen krumm.

Wer bestimmt den Wert?

Der Wert des Geldscheins wird ihm von außen zugeschrieben. Es besteht in unserer Gesellschaft der Konsens, dass der Schein 50 Euro wert ist, weil dieser Wert aufgedruckt ist, und dass man damit Waren oder Dienstleistungen im Wert von 50 Euro kaufen kann.

Den Selbstwert dagegen schreibt uns aber nicht unsere Umwelt zu, unseren Selbstwert bestimmen einzig und allein wir selbst. Auch wenn sich manche Menschen schwer damit tun und eher anderen als sich selbst die Erlaubnis geben, über ihr Selbstwertgefühl zu bestimmen.

Und auch wenn jemand vielleicht erst einmal ein geringes Selbstwertgefühl hat: Er oder sie kann jederzeit lernen, das Selbstwertgefühl zu nähren und wachsen zu lassen.

Der Wert des Geldscheins ist subjektiv

Es stimmt zwar, dass ein zerknüllter und schmutziger 50-Euro-Schein, wenn man ihn zur Bank bringt, 50 Euro wert ist (solange man ihn nicht zerreißt).

Aber was wäre, wenn ich einen niegelnagelneuen, sauberen 50-Euro-Schein neben den schmutzigen und zerknüllten lege: Welchen von beiden würdest du nehmen, wenn du wählen dürftest?

Der Selbstwert und Geld?

Was mir zudem Bauchschmerzen macht: Den Selbstwert eines Menschen und den Wert von Geld verknüpfen. Als könnte man Selbstwert kaufen oder bezahlen - oder jemand anderem den Selbstwert "abkaufen".

Was ist mit der Würde?

Darüber hinaus finde ich es problematisch, Mensch und Geldschein gleich zu setzen.

Der Geldschein ist eine Sache, der ist es egal, was man mit ihr macht. Er hat keine Gefühle und auch keine Wünsche, und er kann sich auch nicht wehren.

Ein Mensch hat Gefühle und Bedürfnisse. Und niemand hat das Recht, darauf herumzutrampeln.

Selbst wenn jemand sich bei mieser Behandlung nicht wehren sollte, heißt das noch lange nicht, dass man alles mit ihm oder ihr machen dürfte. Nicht umsonst steht der Schutz der Menschenwürde im Grundgesetz der Bundesrepublik an allererster Stelle.

Die Geschichte wiederholt die schlimme Erfahrung

Wenn ich mir vorstelle, jemand hat die Erfahrung (vielleicht sogar mehrfach) gemacht hat, dass auf ihm oder ihr herumgetrampelt wurde. Wie muss es dieser Person gehen, wenn sie sich vorstellt, dass da jemand auf einem Geldschein herumtrampelt - der sinnbildlich für eine Person aus Fleisch und Blut steht?

Die Moral von der Geschicht‘

Aus diesen und vielleicht noch weiteren Gründen ist die Geschichte sicher gut gemeint, aber schlecht gemacht. Aus meiner Sicht sollte die Geschichte eine ganz andere Botschaft vermitteln, als sie es tut. Die Botschaft der Geschichte lautet: „Auch wenn man auf dir herumtrampelt, schmälert das deinen Wert nicht.“

Das hat etwas Passives, etwas „Erleidendes“. Das bringt einen nicht zum Handeln.

Deshalb sollte die Botschaft vielmehr lauten: „Niemand hat das Recht, auf dir herumzutrampeln. Nur du bestimmst deinen Selbstwert.“

Und genau das ist möglich: Das eigene Selbstwertgefühl zu hegen und zu pflegen und zu nähren. Dazu werde ich in den nächsten Tagen hier und in meinem kostenlosen Newsletter einige praktische Tipps veröffentlichen. Und es wird im November einen begleiteten Online-Kurs dazu geben.


Das Titelfoto ist von Depositphotos lizenziert.


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